20.07.2020

Begrünung neu gedacht

Viele Betriebsführer gehen mit einem neuen Bewusstsein an die Begrünungsmaßnahme heran und haben den Anbau von Zwischenfrüchten in jüngerer Vergangenheit stetig weiterentwickelt.

Probleme: Dürre, Drahtwurm

Zwar fördern Zwischenfrüchte als „Grüne Brücke“ die Vermehrung von Insekten, dies kommt neben Nützlingen aber auch Schädlingen zugute. So erlebt der Drahtwurm eine Renaissance. Auch der Klimawandel beschleunigt durch steigende Jahresdurchschnittstemperaturen die Entwicklung der Insekten. Verschärft wird das Problem durch das sukzessive Verbot von insektiziden Beizen in der Landwirtschaft.
Was den Wasserhaushalt betrifft, so bewirken die steigenden Temperaturen eine erhöhte Verdunstung. Dazu kommt, dass sich laut ZAMG der Niederschlag vermehrt in die Wintermonate verlagert. Als Folgewirkung haben die Landwirte häufiger mit Sommertrockenheit zu kämpfen. Und wenn schließlich der lang ersehnte Regen doch kommt, kann dieser durch die höhere Wassersättigungsfähigkeit der Luft (bedingt durch die steigende Jahresdurchschnittstemperatur) heftiger ausfallen als gewollt.

Rettende Futterreserve

Ursprüngliches Motiv zur Aussaat von Zwischenfrüchten war, Futter für das Vieh zu produzieren. In der jüngeren Vergangenheit war die Futterzwischenfrucht immer häufiger die rettende Reserve bei drohendem Futtermangel. In der Praxis haben sich Mischungen aus schnellwüchsigen Kleearten und Raygräsern etabliert. Die bevorzugten Gräserarten sind das Italienische Raygras (auch „Welsches Weidelgras“ genannt) und das Einjährige Raygras (auch als „Westerwoldisches Weidelgras“ bekannt).

Reine Raygrasbestände dagegen, wie sie oft in Deutschland zu finden sind, haben einen sehr hohen Stickstoffbedarf, der laut österreichischer Düngemittelverordnung meist nicht gedeckt werden kann. Bewährt hat sich dagegen die Kombination von Italienischem Raygras und/oder Einjährigem Raygras mit 50 % Alexandrinerklee (bei überjähriger Nutzung statt Alexandrinerklee mit Inkarnatklee). In Versuchen wurden damit Erträge zwischen 2 und 4 t/ha Trockenmasse und guter Qualität erzielt.

Hybridsudangras auf trockenen Lagen

Wo es für das Raygras zu trocken wird, kann Hybridsudangras zum Einsatz kommen. Als wärmeliebende C4-Pflanze mit einem tiefen Wurzelwerk lässt es sich gut mit großkörnigen Leguminosen wie Sommerwicke oder Futtererbse kombinieren. Als Sommerzwischenfrucht ist bei Hybridsudangras meist nur ein ertragsstarker Schnitt möglich.

Praxistipp der Saatbau Linz: 75 kg/ha Legumix + 12 kg/ha Sudangras.

Leguminosen binden bis zu 150 kg N je Hektar

Ein sehr willkommener Begleiteffekt beim Einsatz von Leguminosen in Zwischenfruchtmischungen ist deren Eigenschaft, Stickstoff (N) aus der Luft im Boden anzureichern und damit biologisch verfügbar zu machen. Dies gilt gleichermaßen für Futterzwischenfrüchte wie auch für reine Ackerbegrünungen.
Im Feuchtgebiet kann man sich der ganzen Bandbreite von Alexandrinerklee bis Zottelwicke als Mischungspartner bedienen, im Trockengebiet sind Sommerwicke oder Platterbse die bessere Wahl. In Versuchen wurden Werte von 30 bis 150 kg/ha N gemessen, welche von Zwischenfrüchten aus der Luft im Boden gebunden wurden. Die Pigmentplatterbse Moni hat sogar Höchstwerte von über 150 kg/ha N erreicht.

Aber Achtung! Stickstoffspeichernde Kulturen wie Meliorationsrettich oder Saflor sind in die Mischung miteinzubeziehen, um einen N-Austrag in das Grundwasser zu vermeiden. Der Großteil des Stickstoffs ist in organischer Form verfügbar.
Für die Pflanze nutzbar sind somit etwa 60 % im Folgejahr, 20 % im zweitfolgenden Jahr und 20 % in den weiteren Jahren. Meliorationsrettich und Saflor haben zudem den Vorteil, dass sie über eine kräftige Pfahlwurzel mit starker Tiefenlockerung verfügen. Auch frosten sie im Vergleich zu Ölrettich sicherer ab. Sollte der Meliorationsrettich dennoch in milden Wintern nicht vollständig absterben, so kann seine oberflächige Wurzel mittels flacher Bodenbearbeitung leicht bekämpft werden. Diese trocknet anschließend aus und stellt kein Problem mehr dar.

Verbesserter Humusaufbau

Wer die Vitalität seiner Böden steigern oder zumindest erhalten will, braucht ausreichend organische Masse – oberirdisch, noch viel mehr aber unterirdisch. Lediglich acht Prozent des oberirdischen Kohlenstoffs werden laut Studien im Humuspool gebunden, jedoch 46 % des Wurzelkohlenstoffs.

Bedenkt man, dass die meisten Pflanzen mehr Kohlenstoff in den Wurzeln binden als oberirdisch im Spross, dann zeigt dies die große Bedeutung der Wurzeln. Der Spross erfüllt somit die wichtige Eigenschaft, dass er zum einen für eine Mulchauflage und somit Schutz gegen Wassererosion im Frühjahr sorgt, zum anderen ernährt er Regenwürmer, die für die Bodenstruktur und eine reduzierte Bodenbearbeitung unabdingbar sind.
Zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit haben sich möglichst breite Mischungen bewährt. Alexandrinerkleee und Sommerwicke bilden die Grundlage. Gezielt kombiniert werden diese mit Tiefwurzlern wie Meliorationsrettich, Saflor, Öllein und Hybridsudangras, die mit ihren Wurzelausscheidungen zusätzlich Energie in den Boden pumpen und somit die Mykorrhiza-Bildung fördern. Für die
Durchwurzelung des Oberbodens und damit eine gute Krümelstruktur für die Frühjahrsaussaat wird auch Mungo (Ramtillkraut) herangezogen.

Vorteile der Keimruhe nutzen

Wer das Leistungspotenzial seiner Zwischenfruchtmischung voll ausschöpfen will, kann die Vegetationszeit nur durch eine frühere Aussaat verlängern. Wenn keine Bekämpfung, etwa von Quecke oder Winde, notwendig ist, kann die Zwischenfrucht bei ausreichender Bodenfeuchtigkeit unmittelbar nach der Ernte gesät werden. Hier kann das Phänomen der „Dormanz“, sprich Keimruhe, von Vorteil sein. Wie aus der Praxis bekannt, haben Roggen und Triticale eine starke Neigung zum Auswachsen. Bei Weizen ist die Keimruhe etwas besser ausgeprägt. Wintergerste weist dagegen eine stark
ausgeprägte Dormanz auf, es gibt selten Auswuchsprobleme.  Diese Eigenschaft kann der Zwischenfrucht einen Entwicklungsvorsprungverschaffen, wenn die Dormanz aufgrund des Wetters vor der Ernte noch nicht gebrochen ist.
Lässt das Wetter keine unmittelbare Aussaat der Zwischenfrucht nach der Ernte zu, ist eine kurze Anbaupause von rund zwei Wochen zu empfehlen, um die Dormanz zu brechen. Diese Zeit kann für eventuelle Bearbeitungsmaßnahmen genutzt werden.

Dieser Artikel erschien auch in der Bauernzeitung vom 11. Juni 2020 (Seite 6)

FAZIT

Die Gestaltung einer Zwischenfruchtmischung ist sehr facettenreich. Dem Experimentiergeist sind keine Grenzen zu setzen. Es empfiehlt sich durchaus, eine erprobte Fertigmischung mit Komponenten nach eigener Erfahrung zu ergänzen. Und was den Drahtwurm betrifft, so weisen Praxismeldungen darauf hin, dass der Schnellkäfer nicht nur Zwischenfrüchte, sondern auch Weizen als Nahrungsquelle nutzt.

Raimund BRANDSTETTER
Produktmanager Zwischenfrüchte
SAATBAU LINZ