09.10.2024
Clever Handeln mit Warenterminmärkte
Warenterminmärkte als sinnvolles Instrument in der Vermarktung bieten eine Möglichkeit, Flexibilität zu gewinnen und Verkaufszeitpunkte zu optimieren, um so das Betriebsergebnis zu verbessern.
Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Ein- und Verkaufsentscheidungen der Landwirte infolge der heftigen Preisschwankungen einen deutlichen Einfluss auf das Betriebsergebnis haben. Die Warenterminmärkte können hier als zusätzliches Instrument zu mehr Flexibilität und optimierten Verkaufszeitpunkten verhelfen. Der Rohstoffhandel an Warenterminmärkten hat eine lange Tradition. Beispielsweise wurde die Chicago Board of Trade (CBOT, heute CME Group) bereits 1848 gegründet, und erste Terminkontrakte um 1865 entwickelt und gehandelt. Europäische Marktteilnehmer fokussieren sich auf die Euronext Paris, besser bekannt unter dem ehemaligen Namen „Matif“, welche die hiesige Angebots- und Nachfragesituation besser abbildet. Als Marktteilnehmer gelten einerseits Verarbeitungsbetriebe, Landwirte und klassische Agrarproduktehändler und diese werden „hedger“ („Absicherer“) genannt. Auf der anderen Seite stehen die Spekulanten. Diese haben die Aufgabe, als Gegenpartei bei Handelsgeschäften zu fungieren (jeder Verkäufer braucht einen Käufer), für die notwendige Marktliquidität zu sorgen und Risiko zu übernehmen, welches die „hedger“ loswerden wollen.
Wie funktionieren Warenterminmärkte?
An Warenterminmärkten (WTBs) werden „Futures“ und „Optionen“ gehandelt. Futures sind Verträge (Kontrakte) über die Lieferung (Verkäufer) bzw. die Annahme einer Lieferung (Käufer) an einem in der Zukunft liegenden Termin. Des Weiteren sind Futures standardisiert hinsichtlich Qualität, Liefertermin und Lieferort (Andienungsort). Wichtig ist, dass diese Verpflichtungen „getauscht“/gehandelt werden können. Normalerweise gibt es mehrere Kontrakte für jeden Rohstoff. Diese unterscheiden sich lediglich im Ablaufdatum inklusive letztem Handelstag. Halten Sie einen Verkaufskontrakt an diesem letzten Handelstag in Ihren Händen, müssten Sie theoretisch das gehandelte Produkt in den darauffolgenden Tagen an einem von der Börse zertifizierten (nordfranzösischen) Hafen anliefern. Halten Sie einen Kaufkontrakt in Ihren Händen, dann müssten Sie die angelieferte Ware auch abnehmen.
Dieser Futuresmarkt an der WTB steht im Bezug zum „Kassamarkt“ (=„Spotmarkt“), ist aber als separat zu betrachten. Der Kassamarkt beschreibt Angebot/Nachfrage für das jeweilige Produkt zum aktuellen Zeitpunkt in einer Region. Die Preisdifferenz zwischen Futuresmarkt und Kassamarkt bezeichnet man als „Basis“, manchmal auch als „Premium“. Diese Basis ist abhängig von Angebot und Nachfrage am lokalen Markt. Das heißt, die Kosten und Verfügbarkeit von Lager und Transport, das Wetter und die Qualität der geernteten Ware spielen eine Rolle. Grundsätzlich gilt: Alle Gründe, die den Produzenten dazu bringen die Ware zu verkaufen, führen zu einer schwächeren Basis.

Der lokale Markt liegt also unter dem Börsenpreis, z.B. in Paris. Beispielsweise beeinflusst eine herausragende ungarische Maisernte die österreichischen Marktverhältnisse wesentlich stärker als diejenigen in Gesamteuropa oder Nordfrankreich (Standort der Euronext Paris). Der im Internet dargestellte Börsenpreis für Weizen steht zwar im Zusammenhang mit Ihrem Kassamarkt, gibt Ihnen aber nur einen Hinweis, was Ihr lokaler Händler nun für den Weizen zahlen würde.
Die Absicherung ("Hedging")
Der „Absicherer“ nutzt die WTBs nicht, um dort sein Ernteprodukt (in unserem Fall Weizen) tatsächlich zu verkaufen, sondern eher dafür, die Zeit und/oder eine ungünstige Angebotslage zu überbrücken. Angenommen, ein Landwirt erwartet im April fallende Weizenpreise bzw. dass diese in und nach der Ernte niedriger sind (siehe Tabelle 1). Der lokale Händler kommt zeitgleich zur selben Markteinschätzung und bietet vergleichsweise wenig attraktive Konditionen für einen Vorkontrakt, um bei fallenden Preisen keine zu teure Ware im Lager zu haben (in unserem Beispiel 234 €/t). In einer solchen Situation entschließt sich unser Landwirt Weizen-Futureskontrakte (Monat Dezember) an der WTB für 254 €/t zu verkaufen. Zu einem späteren Zeitpunkt (in unserem Beispiel August/September) verkauft er den physischen Weizen wie üblich an den lokalen Händler (224 €/t) und kauft zeitgleich die im April verkauften Futureskontrakte an der WTB zurück (234 €/t). Da er die Futureskontrakte um 20 €/t billiger zurückkauft, ergibt sich ein tatsächlicher Verkaufspreis von 244 €/t.
In unserem Fall hat das Absicherungsgeschäft funktioniert, weil die Preise gefallen sind. Wären die Preise aber weiter gestiegen, dann hätte der Landwirt zwar am Kassamarkt mehr für seinen Weizen bekommen, aber dafür die Kontrakte am Futuresmarkt teurer zurückkaufen müssen. Man friert also die Preise nach oben und nach unten ein. In ähnlicher Weise könnte natürlich auch ein Verarbeiter oder Agrarhändler agieren. Dieser würde beim Kauf des physischen Weizens (z.B. beim Abschluss eines Vorkontraktes oder beim Kauf aus der Ernte heraus) eine Verkaufsposition an der WTB eingehen und diese auflösen, wenn der physische Weizen oder das entstandene Produkt wieder weiterverkauft wird.
Kaufen/Verkaufen von Kontrakten
Hat man sich entschlossen eine Position in einem Futuresmarkt zu nehmen, so wird der „Broker“ für die technische Umsetzung des Handelsgeschäfts beauftragt. Dies geschieht heute ausschließlich digital. Ob man nun die „Order“ direkt in der Online-Plattform des Brokers platziert oder eine Person dafür beauftragt, ist Geschmackssache. Die Verkäufer und Käufer von Kontrakten interagieren an den WTBs jedenfalls nicht direkt, sondern via dem „Clearinghaus“. So schließt man das Risiko eines eventuellen Zahlungsausfalls der Gegenpartei aus. Wichtig ist zudem, dass nicht sofort der Gesamtbetrag eines Kontraktes fällig gestellt wird, sondern „nur“ die sogenannte „Margin“ (ca. 10–15% des Wertes der Transaktion).

Läuft eine Position in die falsche Richtung, dann müssen sich aber entsprechende Barmittel am Handelskonto befinden. Viele Online-Broker bieten Demoversionen oder Testzugänge für eine Vielzahl von Finanzprodukten an. Leider ermöglichen nur wenige dieser Onlinebroker den Handel an der Euronext Paris, der Handel an der Chicagoer CME ist allerdings meist möglich.
Optionen
Optionen (auf Futures) verpflichten nicht, aber geben dasRecht einen Futureskontrakt zu einem gewissen Preis zu kaufen/verkaufen. Der Landwirt kann hier mit dem Kauf einer sogenannten „Put Option“ eine Preisuntergrenze einziehen. Hiermit kann die konstante Angst des Produzenten, dass die Absicherungspreise zu niedrig gesetzt wurden, umgangen werden. Zudem sind keine Margins notwendig. Nachteil ist allerdings, dass zusätzliche Kosten durch den Kauf der Put Option entstehen und durch die Vorgehensweise zusätzliche Komplexität entsteht.
Fazit
Die Warenterminmärkte werden nur von wenigen österreichischen Landwirten in ihren Vermarktungsstrategien genutzt, dabei könnten sie gerade in volatilen Zeiten oder aus Hochpreisphasen kommend ein sinnergebendes Instrument sein. Herausfordernd sind meist neben der technischen Umsetzung auch die korrekte Marktanalyse, um zu den entsprechenden Entscheidungen zu kommen.
DI Dr. Paul Feichtinger, CFTe
Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, BOK
Das könnte Sie auch interessieren

News
Aktuelle Bestandesführung bei Wintergerste und EC Stadien erkennen bei allen Getreidearten
Aktuelle Wachstumsstand, Bestimmung des Entwicklungsstadiums und Empfehlungen zu Wachstumsregulierung, Düngung und Pflanzenschutz bei Wintergerste.
Mehr erfahren
News
Beikrautregulierung: Mit Untersaaten im Mais
Die stillen Helfer im Mais: Wie Untersaaten den Boden schützen und den Pflanzenschutz nachhaltig verändern können…
Mehr erfahren
News
Wo ist das Protein geblieben?
Mit den richtigen Managementmaßnahmen zu einer höheren Stickstoffeffizienz
Mehr erfahren
News
Sojasorten 2025 – Unsere Empfehlung
Die Sojabohne wird auch für das Frühjahr 2025 eine interessante Kultur bleiben.
Mehr erfahren