23.08.2022
Einsparungen durch gezielte Sortenwahl
Nährstoffeffiziente Sorten mit gleichzeitig guter Resistenzausstattung sind besonders attraktiv. Die Pflanzenzüchtung hat diese seit langem auf ihrer Agenda.
Mit dem Green Deal setzt sich die EU ehrgeizige Ziele und will den Pflanzenschutzmitteleinsatz in der Landwirtschaft halbieren, den Düngemittelverbrauch um 20 % reduzieren und den Bio-Anteil auf 25 % steigern. Während die dritte Forderung in Österreich kaum kontroversiell diskutiert wird (da Österreich 2021 im Ackerbau schon 20 % Bio-Anteil erreicht hat und im Grünland noch deutlich höher liegt), werden die Reduktionsziele bei Pflanzenschutz und Düngung oft als zu ambitioniert kritisiert. Über Prozentsätze kann man sicher streiten, Tatsache ist, dass auch die Landwirtschaft ihren Beitrag zur Treibhausgasreduktion leisten muss (hier stellt die Stickstoffdüngerproduktion wegen des hohen Energieverbrauchs einen wesentlichen Hebel dar). Auch das Thema Biodiversität und Artensterben wird uns in den nächsten Jahren erhalten bleiben und damit wird der Einsatz von Pflanzenschutzmittel weiter von der Öffentlichkeit kritisch gesehen werden.
Green Deal - Nicht ohne moderne Pflanzenzüchtung
Seit Beginn des Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine ist aber die Frage der optimalen Produktionsintensität auch aus ökonomischer Sicht neu zu bewerten, weil sich die Preise für alle Betriebsmittel (und Düngemittel besonders) stark erhöht haben und auf absehbare Zeit wohl nicht deutlich billiger werden dürften. Die Pflanzenzüchtung spielt für ein zumindest teilweises Gelingen der Reduktionsziele des Green Deal eine zentrale Rolle und die starken Preissteigerungen für Betriebsmittel machen nährstoffeffiziente Sorten mit gleichzeitig guter Resistenzausstattung für die Landwirte besonders attraktiv.
In der Pflanzenzüchtung stehen diese Themen seit Jahrzehnten auf der Agenda ganz oben, vor allem die Resistenzzüchtung ist ein ständiger Wettlauf mit neuen Rassen bei diversen Krankheiten.
Zu diesem Zweck werden von der Saatzucht Donau jährlich zehntausende Bonituren auf vielen nationalen und internationalen Standorten durchgeführt, um immer ein aktuelles Bild über die Krankheitsanfälligkeit der Sorten und der neuen Prüfstämme zu haben.
Bei unregelmäßiger auftretenden aber potentiell stark schädigenden Krankheiten wie Gelbrost (hohe Ertragsverluste möglich) oder Ährenfusarium (Mykotoxinrisiko im Erntegut) werden jährlich Provokationsversuche mit künstlicher Infektion durchgeführt, um verlässlich zu Daten zu kommen.
Durch die gezielte Sortenwahl von neuen mit besonders breiter und noch sehr gut wirksamer Widerstandsfähigkeit gegen diverse Krankheiten ausgestatteten Sorten kann in vielen Fällen eine Fungizidmaßnahme eingespart werden. Das kann in Feuchtlagen bzw. unter sehr intensiven Produktionsbedingungen die Reduktion von zwei auf eine Fungizidmaßnahme bedeuten. In Trockenlagen, bei reduzierter Intensität oder in aufgelockerten Fruchtfolgen kann damit oft auch die eine bisher übliche Fungizidmaßnahme komplett eingespart werden.
Neue Sorten sind hier besonders wertvoll, weil oft neue Resistenzquellen eingekreuzt wurden, die noch gut wirksam sind, was nach einigen Jahren breitem Anbau oft nicht mehr in gleichem Ausmaß gegeben ist.
Bezüglich Nährstoffeffizienz (hier in erster Linie N-Effizienz) sind die Sortenunterschiede geringer, aber es lohnt sich trotzdem einen Blick auf die entsprechende Einstufung in der „Österreichischen Beschreibenden Sortenliste 2022“ zu machen und in Zeiten sehr hoher Düngerpreise z.B. einer Sorte mit Note 7 (hohe N-Effizienz) den Vorzug gegenüber einer Sorte mit Note 5 (mittlere N-Effizienz)zu geben.
Neun Empfehlungen für den Herbstanbau hinsichtlich
N-Effizienz und Gesundheit
ACTIVUS (Zulassung 2017) ist ein frühreifer, stresstoleranter Grannenweizen der Backqualitätsgruppe 7 mit mittelguter Standfestigkeit, breiten Krankheitstoleranzen im Blattbereich (Mehltau 4, Braunrost 5, Gelbrost 3) und hoher Widerstandsfähigkeit gegen Ährenfusarium (Note 4). Die N-effizienz ist hoch mit Note 7. ARTIMUS (Zulassung 2021) kommt heuer erstmals in den Verkauf und zeichnet sich durch sehr frühes Ährenschieben
und überragende Trockenstresstoleranz aus. Neben einer hohen N-Effizienz (Note 7) besticht ARTIMUS durch sehr gute Standfestigkeit und breite Krankheitstoleranzen im Blatt- (Mehltau 5, Braunrost 5, Gelbrost 3) und Ährenbereich (Ährenfusarium 4). Bei diesen beiden gesunden Sorten wird in vielen Fällen in Trockenlagen keine Fungizidmaßnahme notwendig sein. Beide Sorten bestocken recht gut, sodass die erste N-Gabe im Vergleich zu weniger N-effizienten Sorten etwas reduziert werden kann. Beide Sorten sind sehr früh im Ährenschieben, sodass in der Regel eine Düngungsstrategie
mit nur zwei N-Gaben sinnvoll sein kann.
SU HABANERO (Zulassung 2021) ist eine neue vielversprechende Sorte mit guter Mahlweizenqualität (Note 5) mit Zulassungen in Deutschland und Österreich und steht im Herbst erstmals zur Verfügung. Diese neue Sorte verfügt über die klar besten Krankheitstoleranzen aller in Österreich in Feucht- und Übergangslagen geprüften und registrierten Sorten, wodurch Einsparungen im Fungizidbereich gut möglich sind. Auch die Standfestigkeit (Note 3) und N-Effizienz (Note 7) liegen sehr günstig.
KWS TAYO (Zulassung 2018) ist die einzige Winterroggensorte in Österreich, die mit der Höchstnote 8 für Stickstoffeffizienz eingestuft ist. Sie verfügt auch über eine gute Toleranz gegen Braunrost (Note 5) sowie eine gute Standfestigkeit (Note 4).
TRIMONDO (Zulassung 2021) setzt neue Maßstäbe in der N-Effizienz bei Triticale und er-reicht als einzige Sorte die Höchstnote 8 (hoch–sehr hoch). TRIMONDO ist mittellang aber ausreichend standfest und eignet sich für konventionellen Anbau (mit Ausnahme sehr gülleintensiver Betriebe, wo
extra standfeste Sorten wie TRIAGENT zu bevorzugen sind) und besonders gut auch für Bio-Betriebe. Dort ist auch die gute Blattgesundheit (Mehltau 3, Braunrost 2, Gelbrost 4) von Vorteil. Das gesunde Korn (Ährenfusarium 4) ist wertvoll für die Fütterung.
Die drei Sorten ADALINA (Zulassung 2018), SENTA (Zulassung 2019) und VENEZIA (Zulassung 2021) zeichnen sich durch sehr hohe N-Effizienz aus (ADALINA und VENEZIA Note 7, SENTA sogar Höchstnote 8). Mit guten Krankheitstoleranzen und guter Standfestigkeit ermöglichen diese drei Sorten eine sehr wirtschaftliche Futtergetreideproduktion bei der klimafittesten Getreideart Wintergerste, die im Ährenschieben 2–3 Wochen vor den anderen Getreidearten liegt und damit weniger oft und lang Hitzephasen in der Kornfüllung ausgesetzt ist.
Mit SONJA (Zulassung 2021) wurde eine neue Spitzensorte bei Winterbraugerste registriert. Anders als bei fast allen anderen Verwertungen ist in
der Verarbeitung als Braugerste ein niedriger Eiweißgehalt wünschenswert, weil dadurch die Malzausbeute gesteigert wird. Das Maß für Effizienz
ist also der Kornertrag bei gegebener N-Düngung und da liegt SONJA an der Spitze aller in Österreich registrierten Sorten. Mit guter Standfestigkeit
und guten Krankheitstoleranzen ist SONJA eine äußerst attraktive Braugerste und kann maßgeblich dazu beitragen bei stark sinkenden Sommergerstenflächen die Versorgung der österreichischen Mälzer und Brauer mit heimischem Rohstoff sicherzustellen.
Ein Tipp zum Schluss
Studieren Sie die Sortenliste der AGES und vergleichen Sie – in Zeiten wie diesen lassen sich durch gezielte Sortenwahl Kosten bei Düngung und Pflanzenschutz sparen – und auch die Umwelt wird geschont.
DI Johann Birschitzky,
Geschäftsführer,
Saatzucht Donau
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