17.09.2024

Hybridroggenzüchtung Optimierung des Ertrags

Hybridroggenzüchtung steigert Erträge und verbessert die Nahrungssicherheit durch effektive Nutzung genetischer Diversität.

Die Züchtung von Hybridroggen ist komplex und hat zum Ziel, Höchsterträge mit höchster Nahrungssicherheit zu verbinden. Die Hybro Saatzucht GmbH & Co. KG züchtet an den Standorten Kleptow und Wulfsode neue leistungsfähige Hybridroggen.

Roggen (Secale cereale) ist eine sehr umweltstabile Kulturart. Er hat im Vergleich zu anderen Getreidearten beste Winterhärte und hohe Toleranz gegenüber Trocken-, Salz- und Aluminiumstress. Hauptzuchtziele sind Ertrag, Standfestigkeit, kürzeres Stroh, hohes Tausendkorngewicht und Hektolitergewicht, Resistenz gegen Auswuchs, Krankheiten (Mutterkorn, Braunrost, …) und abiotischen Stress. Roggen ist eine diploide (2n), heterozygote (mischerbige), einjährige und fremdbestäubende Getreideart mit einem Selbstinkompatibilitätssystem. Pflanzen, die ein Selbstinkompatibilitätssystem besitzen, können ihre eigenen Pollen nicht zur Befruchtung verwenden, sondern benötigen Pollen von einer genetisch unterschiedlichen Pfl anze derselben Art, dieses System fördert die genetische Vielfalt.

 

Hybridroggenzüchtung

Für die Züchtung von Hybridroggen müssen zuerst reinerbige Inzuchtlinien produziert werden. Dies erfolgt, indem der von Natur aus fremdbefruchtende Roggen zur Selbstbefruchtung gezwungen wird. Bei dieser Selbstung kommt es zu Inzuchtdepression (Vitalitätsverlust), d. h. es treten oft nachteilige genetische Effekte auf, da sich homozygote rezessive Allele häufen. Vorteil hierbei ist, dass dabei Gendefekte
entdeckt und ausselektiert werden und stärkerer Heterosiseffekt erzielt wird. Der Heterosis-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Nachkommen(Hybriden) aus der Kreuzung dieser Inzuchtlinien oft eine höhere Vitalität, Wachstumsrate, Fruchtbarkeit und vor allem Ertragsleistung als die Elternlinien zeigen. Durch die wiederholte Selbstung werden Linien fortschreitend reinerbiger (homozygot). Um eine reinerbige Inzuchtlinie/Elternlinie zu erhalten, sind meist 8 Selbstungs-Generationen notwendig. Während der Inzuchtphase wird umfassend auf Linien- und Testkreuzungseignung geprüft, um die am besten geeignetsten Linienkombination zu finden. Die Hybridzüchtung nutzt die Heterosis von Kreuzungen zwischen genetisch möglichst weit entfernten Populationen (heterotische Gruppen).

Kombinationsfähigkeiten und Hybridentwicklung

Es wird bei diesen Linien- und Testkreuzungsleistung nicht nur auf die allgemeinen Kombinationsfähigkeiten (GCA, „general combining ability“), sondern auch auf die spezifischen Kombinationsfähigkeiten (SCA, „specific combining ability“) für die Sortenverbesserung getestet. GCA und SCA ermöglichen eine Auswahl und Kombination von Elternpflanzen, um optimal leistungsfähige und robuste Hybriden zu entwickeln. GCA hilft dabei, allgemein gute Elternlinien zu identifizieren, während SCA hilft, besonders erfolgreiche und leistungsfähige (Ertrag, Vitalität,…) spezifische Kreuzungen und somit die besten Hybridsorten zu entdecken. Für die Entwicklung eines Hybriden wird eine cytoplasmatische männlich sterile Mutterlinie (CMS) benötigt, um eine Selbstung auszuschließen und eine 100%ige Bestäubung der Vaterlinie, mit Restorer-Eigenschaft, zu gewährleisten. Ohne diese „Restaurierung“ bliebe das Hybridsaatgut für den Landwirt männlich steril, d.h. es wäre keine Bestäubung möglich, und könnte somit keine Samen bilden. Der weltweit verwendete CMS-Mechanismus beruht auf dem sogenannten „Pampa-Cytoplasma“ eines Wildroggens aus Argentinien. Die Gene für Sterilität (CMS) und die Wiederherstellung der Fertilität (Restorer) wurden über Jahrzehnte aus Wildroggen von Pflanzenzüchtern selektiert und für die Hybridzüchtung verfügbar gemacht.

Dreifach-Hybridsystem

Bei Roggen kommen hauptsächlich 3-fach Hybride zum Einsatz. Der Vorteil dieser Hybridform liegt in der verbesserten Saatgutproduzierbarkeit und einer noch breiteren genetischen Basis. Hierzu werden aus dem Genpool A zwei Schwesterlinien zu einer sogenannten Singlecross-Mutterlinie verkreuzt. Diese noch immer sterile Mutterlinie wird in einem zweiten Kreuzungsschritt mit einer Vaterlinie mit Restorereigenschaft aus dem Genpool B bestäubt. Der daraus resultierende 3-fach Hybrid ist vollständig fertil und wegen der Kombination von Genpool A und B höchst ertragreich. Nicht weniger wichtig ist auch die gute Produzierbarkeit des Hybriden, damit dem Landwirt immer ausreichend Saatgut zur Verfügung steht.

Mutterkornresistenz und Bestäuberleistung

Roggen ist hoch anfällig für Mutterkorn, eine Pilzkrankheit, bei der Sklerotien toxische Alkaloide enthalten. Es gibt keine Resistenz gegen Mutterkornbefall im Roggen. Daher ist die maximale Bestäuberleistung der Vaterlinie entscheidend, um Mutterkornbefall zu verhindern. Hierfür werden sogenannte Synthetics als Vaterlinie verwendet, eine Mischung mehrerer Inzuchtlinien zur Vitalitätssteigerung. Zusätzlich zum Hybridsaatgut wird etwa 10% Populationsroggen hinzugemischt, um die Bestäuberleistung in der Konsumproduktion zu garantieren. Diese Zumischung führt zu keinem Ertragsnachteil, sondern fördert durch sogenannte Xenieneffekte das Kornwachstum und erhöht das Tausendkorngewicht.

Fazit

Der Anbau von Hybridroggen ist einfach, die Züchtung jedoch komplex und das Ergebnis jahrzehntelanger Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Hybridroggen ist ein klassisches Beispiel herausragender Züchterleistung und zeigt, wie viel Know-How im Originalsaatgut steckt

 

Silvia PABST
Produktentwicklung SAATBAU Linz

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