04.04.2022
Spätfrost in Österreich
Auswirkungen auf Raps
Wie von vielen Landwirten nach den Erfahrungen der Jahre 2016 - 2018 und 2021 teils im Süden Österreichs, teils aber auch in ganz Österreich befürchtet, treten nun auch im Jahr 2022 Spätfröste kurz vor der Rapsblüte in weiten Regionen Österreichs auf.
Aktuelle Witterungssituation
Obwohl der bisherige Vegetationsverlauf ziemlich genau dem 10 jährigen Schnitt entspricht – Wärmesumme auf dem Beispielsstandort 67 Grad Celsius im Vergleich zum 10 – jährigen Durchschnitt von 65 Grad Celsius per 3. April (s. Screenshots der österr. Hagelversicherung; Quelle: ÖHV) leiden momentan die Rapsbestände unter dem Wintereinbruch mit verbreitetem Schneefall und Minustemperaturen.
Welche Auswirkungen hat diese Witterungssituation auf die Rapsbestände?
Bei Raps kann man nach Spätfrösten zum derzeitigen Stadium vor allem eine Verkrümmung der Triebe, die sich zur Seite und nach unten biegen (s. Bilder Spätfrost 2020), beobachten. Nach Ende des Frostereignisses richten sich die Triebe wieder auf. Typisch für Spätfröste in diesem Stadium ist auch ein verwelken der Triebspitzen.
Das gleichzeitig zu beobachtende Aufplatzen der Stängel, das den bekannten Wachstumsrissen ähnelt die auch bei starken Wachstum auftreten, ist weit gravierender in den Auswirkungen. Diese Risse stören die Wasserführung der Pflanze, sind Eintrittspforte für verschieden Krankheiten wie z.B. Phoma lingam oder Botrytis cinera und haben auch Auswirkungen auf die Standfestigkeit.
Zusätzlicher Schaden (vor allem an schon sehr weit entwickelten, vorwüchsigen Rapspflanzen) entsteht dadurch, dass während des Frosts befruchtete Blüten steril bleiben bzw. abfallen (die Blütennarbe erfriert und wird unfruchtbar). Dadurch entwickelt sich keine Schote, wie man leider auch 2017 schon beobachten konnte. Im Jahr 2017 trat das Frostereignis von 19. – 21. April und damit deutlich später als in diesem Jahr auf, der Raps befand sich bereits in der Vollblüte. Die vor dem Frost bereits befruchteten Blüten mit kleinen Schoten waren dadurch meist nicht geschädigt. Wie auf den Fotos aus dem Jahr 2017 erkennbar, ist auf den durch das Frostereignis betroffenen Haupt- und Seitentrieben, eine Zone ohne Schotenansatz erkennbar, die den Schäden durch einen massiven Glanzkäferbefall mit einem dadurch verursachten Knospenabwurf ähnelt. Je nach dem wie massiv diese Zone ohne Schoten ist, sind auch die Auswirkungen auf den Ertrag. Die Pflanze kann im weiteren Blühverlauf je nach Witterungsbedingungen jedoch noch einiges kompensieren. Innerhalb von ca. 4 Wochen wird die endgültige Schotenanzahl und Anzahl Körner je Schote festgelegt. Hoffnung gibt vor allem die Tatsache, dass auch in normalen Jahren nur ein gewisser Prozentsatz der Blütenanlagen zu fertilen Blüten weiterentwickelt wird. Die vor und nach dem Frost befruchteten Blüten und daraus gebildeten Schoten waren im Jahr 2017 durch den Frost nicht oder nur gering betroffen.
Physiologische Knospenwelke und Spätfrostschäden
Physiologische Knospenwelke tritt v.a. dann auf, wenn das Wachstum nach sehr tiefen Temperaturen rasant einsetzt. Einige Knospen werden hell, bleiben im Wachstum stehen und fallen ab oder die Rapsknospen erfrieren durch Spätfröste bzw. werden partiell geschädigt. Diese Schäden die durch Spätfrost in blühenden Rapsbeständen (2016 – 2017 und 2021) sowie durch physiologische Knospenwelke (2018 und 2021) verursacht wurden, können sie als Landwirt nicht verhindern. Wohl aber können sie die Auswirkungen durch eine optimale Nährstoffversorgung (N, S, K, Bor, Mg und Mo) und Schadinsektenregulation im Anschluss an diese Ereignisse mindern.
Fazit und Maßnahmen
Wie sich das momentane Frostereignis, vor allem in Verbindung mit der im Osten Österreichs vorangegangen Trockenheit und dadurch geschwächten Beständen auswirken wird, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen. Eine gezielte fungizide Maßnahme je nach bereits erfolgter Fungizidbehandlung (bitte die Empfehlungen der jeweiligen Pflanzenschutzberater und Registrierungsauflagen beachten) sollte vor allem aufgrund der Risse in der Rapspflanze zumindest die Schäden durch Krankheiten mindern. Gleichzeitig sollte auf eine gesicherte Versorgung der Rapsbestände mit Mikronährstoffen geachtet werden um die Schäden durch Knospenverluste zu minimieren.
Bor
Bor als das wichtigste Spurenelement im Rapsanbau wird vor allem bei Trockenheit und hohen pH- Werten festgelegt. Aus diesem Grund empfiehlt es ich im Frühjahr bei den Insektizidmaßnahmen ein bis zweimal eine Zugabe von 150 – 300 g/ha. Dabei ist darauf zu achten, dass durch den Effekt der ph-Wert Erhöhung mancher Borprodukte, die Wirksamkeit und Wirkdauer von Insektiziden auf den Rapsglanzkäfer deutlich herabgesetzt werden kann. Um das zu verhindern, sollte in diesen Fällen der pH-Wert wieder abgesenkt werden (z.B. durch Zugabe von Zitronensäure).
Molybdän
Deutlich geringer als die Borbedarfswerte liegt der Bedarf an Molybdän. Als essentieller Pflanzennährstoff ist Molybdän an wichtigen Stoffwechselvorgängen in der Pflanze beteiligt. Molybdän nimmt unter den Mikronährstoffen eine gewisse Sonderstellung ein. Die Aufnahme durch die Pflanzen ist außerordentlich gering. Sie beträgt pro Jahr ca. 5 – 12 g/ha. Molybdän nimmt in der Rapspflanze eine wichtige Stellung in der Stickstoffverwertung ein und ist an der Proteinbildung beteiligt. Ein Mangel kann zu Nitratanreicherungen und Deformationen in den Blättern führen. Bor und Molybdän haben auch Einfluss auf die Pollenfertilität und Pollenbildung, ein Mangel kann Befruchtungsstörungen auslösen.
Eine direkt am Saatkorn aufgebrachte Menge Molybdän – wie durch die OPTICARE-Beizung bei den Sorten Artemis, DK Expression, DK Exlevel, DK Expedient, Angelico und Randy – sichert die ausreichende Versorgung der jungen Rapspflanze im Herbst gerade unter ungünstigen Witterungs- oder Bodenverhältnissen ab. Wird jetzt noch eine Blattdüngung mit Molybdän geplant, sollte diese umgehend nach dem Spätfrost erfolgen, bevor der Raps bei ansteigenden Temperaturen größere Mengen an Nitratstickstoff aufnimmt.
Rapsglanzkäfer
Obwohl die Erfahrungen der letzten Jahre häufig einen geringeren Druck nach solchen Spätfrostereignissen zeigten, ist natürlich bei wieder ansteigen der Temperaturen der Zuflug dieses Schädlings zu beobachten. Die Bekämpfung kann mit einem Pyrethroid der Klasse I (z.B. Trebon 30 EC, Mavrick vita / Evure…) durchgeführt werden. Bei all diesen und auch späteren Maßnahmen ist der Bienenschutz zu beachten und auch aus Eigeninteresse wichtig, da wir in der Landwirtschaft Nutznießer der Bienenbestäubung sind.
In diesem Sinne – viel Erfolg, gesund bleiben und eine gute Ernte 2022!
Albert MÜLLNER
Beratung Pflanzenbau
SAATBAU LINZ
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