17.04.2023

Winterweizen Bestandesführung - Kühl und regnerisch bis ca. 20. April 2023

Aktuelle Witterung, Bestimmung des Entwicklungsstadiums bei Winterweizen und Empfehlungen zu Wachstumsregulierung, Düngung und Pflanzenschutz.

Aufgrund der Herbst-Winterwitterung und der im Frühjahr vor allem im Osten Österreichs herrschenden Trockenheit zeigten sich die Weizenbestände unterschiedlich entwickelt. In den meisten Regionen sind die optimal bestockten bis teilweise schon zu stark aus dem Winter gekommenen Bestände nun ideal entwickelt, während die sehr spät gesäten bzw. zu schwach in den Winter gegangen Bestände zu geringe Bestandesdichten aufweisen.

Die Bestandesdichte und die angestrebte Nutzung (Premium-, Qualitäts-, Mahl- oder Futterweizen) sowie vor allem die Sorte haben nun massiven Einfluss auf die weitere Bestandesführung. Gleichmäßig entwickelte, ausreichend bestockte Bestände sollten leicht die ideale Anzahl von 450 – 600 Ähren / m ² die bei Kompensationstypen wie Aurelius, Artimus, Tiberius oder Chevignon für Höchsterträge notwendig sind, erreichen. Zu dichte Bestände sollten vermieden werden, da sie zu schwächeren Qualitäten führen, oft im Ertrag enttäuschen und auch anfälliger auf Fusarium sind.

Der aktuellen Witterung geschuldet sind in weiten Regionen die Felder nicht befahrbar. War die Entwicklung der Getreidebestände Anfang April lt. Portal der ÖHV noch um ca. 14 Tage weiter fortgeschritten als 2022 sind wir derzeit ca. auf Gleichstand bzw. je nach Region leicht vorne, d.h. die kühle Witterung hat den Vorsprung aufgebraucht. Sehr früh gesäte Bestände sind etwas weiter und befinden sich zwischen EC 30 und EC 31, späte gesäte Bestände sind zumeist max. EC 30. Um die entsprechenden Maßnahmen richtig zu terminisieren ist es wichtig das Stadium am eigenem Bestand zu bestimmen.

Entwicklung

Am Bild sehen wir den Bestockungsknoten, den ersten und den zweiten Halmknoten. Wäre der erste Halmknoten weniger als 1 cm vom Bestockungsknoten entfernt hätten wir noch EC 30, ist er mehr als 1 cm entfernt haben wir EC 31 erreicht. Wenn der zweite Halmknoten mindesten 2 cm vom ersten Halmknoten entfernt ist haben wir EC 32 vorliegen. Bei dieser Pflanze befinden wir uns folglich in Stadium EC 31.

Die Zeitdauer von EC 31 bis EC 32 beträgt je nach Witterung ca. 10 Tage, in der aktuellen Witterungsphase aber etwas länger.

Düngung

2. Stickstoff Gabe

Wir haben zu Aurelius, SU Habanero, Chevignon…. zu ideal bestockten Beständen zur 1. Gabe nach Vorfrucht Raps eine N Düngung von 40 – 50 kg / ha, nach Vorfrucht Sojabohne 50 – 60 kg N und nach Vorfrucht Körnermais oder Getreide (inkl. Strohrotte) 60 – 80 kg N empfohlen.

Zur zweiten Gabe (die großteils schon erfolgt ist) empfehlen wir in EC 30 – 32 ca. 50 – 70 kg N / ha um auch bei schwächeren Beständen bzw. unter trockenen Bedingungen die Bestandesdichte abzusichern vor allem aber um die Kornzahl pro Ähre zu fördern. Hier schlägt die Stunde der obengenannten Kompensationstypen die über eine entsprechende Kornzahl / Ähre auch bei etwas dünneren Beständen Höchsterträge bringen.

3. Stickstoff Gabe

Generell gilt je früher desto ertragswirksamer, je später desto mehr in Richtung Qualität wirksam aber mit dem Risiko zu später bzw. verminderter Wirkung. Darum sollte die letzte Gabe gerade bei trockenen Bedingungen früher als normal schon vor dem Ährenschieben im Fahnenblattstadium erfolgen um rechtzeitig zur Wirkung zu kommen. Je nach Standort und Witterung ist die N-Aufnahme des Weizens aus dem Boden mit der Blüte des Weizens annähernd beendet.

Eine oft diskutierte Aufteilung der 3. Gabe in zwei Gaben zum Zeitpunkt EC 37 und EC 49-51 könnte sich in diesem Jahr als Vorteil erweisen, wenn die Wasserversorgung so gut wie derzeit bleibt – diese ist eher bei sehr hohen Ertragserwartungen und optimalen Bedingungen zielführend.

Für die Höhe der dritten Gabe gilt je nach Vorfrucht und Mineralisierung die einfache Faustregel mit 7 – 8 kg Rein N pro Tonne Ertragserwartung für einen Mahlweizen mit 12 – 12,5 % Protein, 10 kg Rein N für einen Qualitätsweizen mit 14 % Protein, 12 kg Rein N für 15 % und ca. 14 kg Rein N für 16 %… Natürlich können zur Berechnung der dritten Gabe, wenn vorhanden, auch Hilfsmittel wie der N-Tester oder der N-Pilot eingesetzt werden. Die Abschätzung welche Mehrerlöse zwischen den einzelnen Qualitätsstufen erzielbar und

bei den massiv gestiegenen Düngerpreisen wirtschaftlich sein werden, obliegt ihrer Einschätzung – pflanzenbaulich gesehen ist der Bedarf gegeben um die Qualitätsziele zu erreichen!

Für Nutzer einer Farmmanagementsoftware wie z.B. Farmdok bietet es sich an im Modul Applikationskarten entsprechende Karten anhand der Vegetationsbilder der Sentinelsatelliten zu erstellen. Zu beachten natürlich, dass bei der dritten Gabe nicht mehr auf Ausgleich gedüngt wird, sondern auf mehr bekommt mehr, d.h. bessere Stellen lt. Index bekommen mehr Stickstoff um den Proteingehalt der dort höheren Ertragserwartung abzusichern. Gleichzeitig ist es umweltfreundlich, da Stellen mit geringerer Ertragserwartung weniger N erhalten, und damit das Rest N Niveau im Boden nach der Ernte geringer ausfällt.

Schwefeldüngung

Ein Ansatz zur Optimierung der Düngerkosten ist die Schwefelversorgung. Die Schwefelmenge sollte ca. 20 % der gedüngten N Menge in Summe aus Bodenmineralisation und Düngung betragen. Sollten sie bisher noch keinen schwefelhältigen Dünger verwendet haben dient eine S-Gabe mit der Abschlussdüngung vor allem der Eiweißqualität. Über die verbesserte Ausnutzung des Stickstoffs trägt die Schwefelversorgung zur Ertragssicherung bei.

Pflanzenschutz

Wachstumsreglermaßnahmen

Bei früh gesäten Beständen bereits erfolgt bzw. bei Sorten wie Aurelius, Artimus, Tiberius oder SU Habanero aufgrund der guten Standfestigkeit eventuell nicht notwendig. Wo noch nicht erfolgt bzw. notwendig ist, ist bei ansteigenden Temperaturen nach dieser Niederschlagsphase der ideale Einsatzzeitpunkt mit EC 31 – EC 32 erreicht. Sowohl Soloeinsätze mit z.B. 0,3 – 0,4  lt / ha eines Trinexapachältigen Produktes (Moddus ….) oder mit  0,3 – 0,4 kg/ha Prodax sind möglich. Bei hohen Triebdichten können auch Kombinationen von Wachstumsreglern eingesetzt werden wie z.B. 1 lt / ha Stabilan 400 mit 0,2 – 0,3 lt / ha eines Trinexapac Produkts (Moddus, …) kombiniert.

Eventuelle spätere Korrekturen bis EC 49 sind noch mit Etephonhaltigen Produkten wie Cerone möglich.

Generell gilt für alle Wachstumsregler, dass der Einsatz immer den Standortbedingungen, der Sorte und der Wasserversorgung des Standortes angepasst erfolgen sollte um Schäden zu vermeiden – das gilt vor allem auf trockenen Standorten.

Fungizidmaßnahmen

Können durch den derzeit eher geringen Krankheitsdruck vor allem bei gesunden Sorten vorsichtig angepasst werden. Trotzdem sollte aber der Krankheitsdruck durch Septoria tritici und Braunrost vor allem nach diesen Niederschlägen nicht außeracht gelassen werden. Der Einsatz entsprechender Azole, Carboxamide bzw. eines Mittels aus der neu registrierten Wirkstoffgruppe der Fenpicoxamide und bei Bedarf in Kombination mit einem Kontaktwirkstoff wie Folpet sollte den Witterungsbedingungen flexibel angepasst werden um das Ertragspotenzial der Sorten bei den aktuellen Marktpreisen entsprechend abzusichern.

Besonderes Augenmerk gilt Infektionen mit Fusarium gerade nach Vorfrucht Mais, mehr dazu aber später.

Versuche ohne Wachstumsregler und Fungizide 2019 – 2022

Abschließend noch ein Hinweis zu einem Winterweizen-Versuchsstandort im Südburgenland bei der Familie Radits in Spitzzicken – wir hatten hier quer über den Sortenversuch mit 8 Sorten einen unbehandelten Streifen mit 30 Meter Breite der ohne Wachstumsregler und Fungizide aber mit gleicher Düngung wie der restliche Bestand geführt wurde.

Im Durchschnitt der Jahre 2019 – 2021 brachte dieser Versuch quer über alle jeweils im Versuch stehenden Sorten mit Wachstumsregler und Fungiziden einen Mehrertrag von 704 kg / ha im Vergleich zu unbehandelt bei gleichen Qualitäten (8.544 kg / ha im Vergleich zu 7.840 kg / ha).

Tierische Schädlinge wie Getreidehähnchen treten regional unterschiedlich auf und müssen beobachtet werden um gegebenenfalls mit einem Insektizidzusatz bei anderen Maßnahmen reagieren zu können um zusätzliche Überfahrten bzw. Kosten zu vermeiden.

Bitte wie immer bei den Empfehlungen die Registrierungsauflagen der Pflanzenschutzmittel und die erlaubten Düngerhöchstmengen nach den Auflagen der sachgerechten Düngung beachten.

In diesem Sinne wünscht Ihnen die Saatbau Linz viel Erfolg und für Fragen zu Sorten und Bestandesführung stehen Ihnen unsere Mitarbeiter im Außendienst und ich gerne zur Verfügung!

Albert MÜLLNER
Beratung Pflanzenbau
SAATBAU LINZ