22.02.2022

Strategien zur Bekämpfung der Stängelschädlinge und des Rapsglanzkäfers

Gelbschalen und Pflanzenbonituren sind wichtige Wertzeuge zur Bekämpfung von Stängelschädlinge und des Rapsglanzkäfers

Pyrethroide dominieren, aufgrund fehlender alternativer Wirkstoffe, die Anwendungen, mit allen negativen Auswirkungen, wie einerseits Resistenzentwicklung aufgrund des gleichen Wirkmechanismus und andererseits Einflüsse auf nützliche Begleitinsekten. Eine echte Resistenzvermeidungsstrategie mit Wirkstoffwechsel ist nicht möglich. Somit verbleibt die Anwendungshäufigkeit als Stellschraube, um die Resistenzentwicklung zu verzögern. Die Anwendungshäufigkeit zu begrenzen, funktioniert aber nur, wenn der tatsächliche Zuflug von Rapsschädlingen auf der eigenen Fläche wahrgenommen wird und man nicht pauschalen Empfehlungen vertraut. Da ist nach wie vor die Gelbschale ein unverzichtbarer Partner der Überwachung. Der tatsächliche Nutzen ist groß und jeder Landwirt sollte sich die Zeit für eine regelmäßige Kontrolle nehmen.

Zögern Sie bei der Bekämpfung der Stängelschädlinge nicht zu lange.
Foto: Landschreiber, LWK Schleswig-Holstein

Der Große Rapsstängelrüssler

erwacht schon bei Bodentemperaturen von ca. 5 °C auf den vorjährigen Rapsflächen. Das kann, wie 2021, schon Ende Februar sein. Die Gelbschalen sollten dann auf der alten Rapsfläche und auf den sich in der Nähe befindlichen neuen Rapsflächen stehen. Das Erwachen der Käfer gilt es im Auge zu behalten, da diese sofort die nächstgelegenen Rapsschläge zur Eiablage aufsuchen. Mit dem Vollzug der Eiablage beginnt auch schon die Schädigung des Rapses. Das Weibchen scheidet bei der Herstellung der Ei-Nischen Wuchsstoffe aus, die für die typischen Verdrehungen der Stängel verantwortlich sind. Diese Verdrehungen sind sehr auffällig und nicht zu verkennen. Die Bekämpfung muss demzufolge zeitnah (innerhalb von drei Tagen) mit dem Zuflug (Bekämpfungsschwellen!), vor der Eiablage erfolgen. Resistenztechnisch ist die Welt beim Rapsstängelrüssler noch in Ordnung.

Den Gefleckten Kohltriebrüssler

erkennt man an dem weißen Fleck auf dem Rücken. Er überwintert im Knick und vollzieht nach dem Zuflug in den Raps einen ausgiebigen Reifungsfraß. Somit stehen für eine eventuelle Bekämpfung, je nach Witterung 10–14 Tage zur Verfügung. Nach erfolgter Eiablage wachsen die Rapsstängel gerade weiter, so dass die Larven äußerlich oft unentdeckt bleiben. In Resistenztests des JKIs konnte beginnende Resistenz der Pyrethroide festgestellt werden.

Der Rapsglanzkäfer

wird ab 8 °C im Winterquartier aktiv, um dann bei Temperaturen um 12 °C dieses zu verlassen. Im Gegensatz zu den Männchen, die sofort geschlechtsreif sind, führen die Weibchen erst einen notwendigen Reifungsfraß an Frühlingsblumen durch. Bei Temperaturen ab 15 °C beginnt die Besiedlung der Rapsfelder. Wünschenswert ist eine einmalige Zuflugsphase. Das macht die Terminierung einer eventuell notwendigen Bekämpfung einfacher. Bei wechselhafter Witterung mit kühlen Temperaturabschnitten oder starken Winden kann sich der Zuflug aber auch über einen längeren Zeitraum erstrecken. Dann gilt es, Nerven bewahren und die Bekämpfungsschwellen zur Hilfe nehmen. „Alles voller schwarzer Käfer …“ ist kein Spritzargument. Erst das Auszählen pro Pflanze entscheidet über eine Maßnahme. In der Vergangenheit wurde der vermeintliche Schaden des Rapsglanzkäfers oft überbewertet. Das Ziel des Käfers, ist der Pollen. Somit ist der Schaden umso größer, je kleiner die Knospen sind. Nur bei wirklich sehr starkem Rapsglanzkäferdruck mit mehreren Zuflugswellen, verursachen auch die geschlüpften Larven in der Blüte noch Schäden. Beim Rapsglanzkäfer hat die metabolische Resistenz gegen Pyrethroide die letzten Jahre weiterhin zugenommen. Zusätzlich muss man inzwischen auch von einer beginnenden Resistenz gegen Mospilan SG sprechen.

Nützlinge – Schlupfwespen

Nützliche Insekten tragen ebenfalls zur Bekämpfung von Rapsschädlingen bei. Bodenräuber, wie Räuberische Laufkäfer, Kurzflügler und Spinnen ernähren sich von zur Verpuppung abwandernden Larven.
Eier der Kohlfliege und des Rapserdflohs stehen ebenfalls auf dem Speiseplan. In der Blüte sind Schlupfwespen-Arten (Tersilochus ssp., Phradis ssp.) aktiv, die die Larven des Rapsglanzkäfers besiedeln und
dort ihrerseits ihre Eier ablegen. Somit beeinflusst ein Insektizideinsatz nicht nur das eigentliche Zielobjekt.

Nützliche Insekten tragen ebenfalls zur Bekämpfung von Rapsschädlingen bei.
Foto: Landschreiber

Bekämpfungsstrategie

Unter der Voraussetzung der Überschreitung der Bekämpfungsschwellen

Stängel- und Triebrüssler ohne Rapsglanzkäfer, können mit Pyrethroiden der Klasse II (z. B. Karate Zeon, etc.) in Schach gehalten werden. Treten allerdings neben den Stängelschädlingen auch gleichzeitig
bekämpfungswürdige Rapsglanzkäfer auf, sollte Trebon 30 EC (B2) (Pyrethroid Klasse I) zum Einsatz kommen. Mavrik Vita/Evure (B4) hat gegen die Stängelschädlinge keine Zulassung. Rapsglanzkäfer ohne Stängelrüssler ist ein Fall für Avaunt/Sindoxa. Diese Möglichkeit des Wirkstoffwechsels sollte auch genutzt werden. Der Einsatz darf aber nur so lange erfolgen, bis nichts blüht. Sind erste Blüten vorhanden, können Mavrik Vita/Evure (Pyrethroid I) oder Mospilan SG/Danjiri (Neonikotinoid) gegen Rapsglanzkäfer zum Einsatz kommen.

Im Raps auf Stängelschädlinge und Rapsglanzkäfer achten.
Foto: Landschreiber

Zwischenfazit Bekämpfung Rapsglanzkäfer

Die Praxis fokussiert sich immer noch auf den Rapsglanzkäfer. Dabei wird der Befall häufig überschätzt. Schwarze Käfer in den Knospen fallen nun mal auf! Mehr als 10 Käfer pro Haupttrieb in einem vitalen Raps, das heißt, auf jeder Pflanze, muss man als Landwirt nervlich auch erst einmal verkraften. Das Schadpotential des Rapsglanzkäfers sinkt mit fortschreitender Knospenentwicklung. Dabei ist das Schadpotenzial des Großen Rapsstängelrüsslers deutlich höher. Allerdings fällt er im Gegensatz zum Rapsglanzkäfer nicht sofort „ins Auge“, sondern muss mühsam über Gelbschalen festgestellt werden.
Für die Behandlung des Rapsglanzkäfers ist der Zeitpunkt mit der anschließenden Folgewitterung ein wichtiger Parameter, der über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Hier gilt es, besonders beim Einsatz von Pyrethroiden, Nerven zu bewahren. Der Zuflug muss erst zugelassen werden! Wenn drei Tage warmes Wetter angekündigt ist und danach kühle Witterung einsetzt, ist die Spritzung zum Ende des dritten Tages zu terminieren. Die nachfolgenden kühleren Temperaturen sorgen dafür, dass kein neuer Zuflug von Käfern in den Bestand erfolgt. Die als Kontaktinsektizide fungierenden Pyrethroide Trebon 30 EC und Mavrik Vita/Evure bekämpfen sie die sich aktuell im Raps befindlichen Rapsglanzkäfer. Zusätzlich verlangsamen kühlere Temperaturen den Abbau der Pyrethroide auf der Pflanze, das heißt die Wirkungsdauer verlängert sich. Behandelt man allerdings in einer warmen Witterungsphase und ist gleichzeitig der Zuflug noch nicht abgeschlossen, offenbaren die Pyrethroide ihre Schwächen. Dauerwirkung über einen Tag hinaus, ist unter diesen Bedingungen kaum zu erwarten. Eine gute Wirkung über mehrere Tage kann das Produkt Avaunt leisten. Aufgrund seiner Wirkungsweise zu Beginn optisch eher schwach, allerdings fressen die Käfer nicht mehr, spielt Avaunt seine Stärke nach ca. 3 Tagen aus. Bei den Neonikotinoiden (Mospilan SG) sind je nach Standort (kleinräumige Strukturen und Behandlungsintensität) die letzten Jahre geringere Wirkungsgrade bonitiert worden.

Fazit

Eine Behandlung sollte nur nach Überschreitung von Bekämpfungsschwellen erfolgen. Die Resistenzsituation der Pyrethroide ist sehr angespannt. Die Schädlinge dürfen nicht einzeln für sich betrachtet, sondern müssen komplex gesehen werden. Ein Pyrethroideinsatz beispielsweise gegen den Rapsglanzkäfer betrifft einerseits auch vorhandene späte Kohltriebrüssler und andererseits frühe Kohlschotenrüssler. Zusätzlich befinden sich fast ganzjährig Rapserdflöhe im System. Diese Tiere sind dann alle als Nebeneffekt von der eigentlichen Maßnahme betroffen. So entwickeln sich Resistenzen, die Anwendungshäufigkeit ist der Motor der Resistenzgeschwindigkeit.
Mit eingesetzter Wirkstoffverarmung und weiterer Zunahme von Resistenzen treten Bekämpfungslücken zu Tage. Vermutlich muss man sich wohl an den Gedanken gewöhnen, nicht mehr von einer Bekämpfung, sondern nur noch von einer Regulierung der Schadinsekten zu sprechen.

 

Manja LANDSCHREIBER
LWK Schleswig-Holstein
AbteilungPflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt
Meesenring 9, 23566 Lübeck