12.04.2021

EC-Stadien und aktuelle Bestandesführung bei Wintergerste

Bestimmung des Entwicklungsstadiums bei Wintergetreide und Empfehlungen zu Wachstumsregulierung und Düngung.

Wir sehen hier nun den Bestockungsknoten, den ersten und den zweiten Halmknoten. Wäre der erste Halmknoten weniger als 1 cm vom Bestockungsknoten entfernt hätten wir noch EC 30, ist er mehr als 1 cm entfernt haben wir EC 31 erreicht. Wenn der zweite Halmknoten mindesten 2 cm vom ersten Halmknoten entfernt ist haben wir EC 32 vorliegen.

Die Zeitdauer von EC 31 bis EC 32 beträgt je nach Witterung ca. 10 Tage.

Bei dieser Pflanze befinden wir uns folglich in Stadium EC 31.

 

Wachstumsregler

Die Entwicklung kann bei steigenden Temperaturen und länger werdenden Tag jetzt sehr schnell gehen. Im Stadium EC 31 – EC 32 haben wir den idealen Zeitpunkt für den Halmverkürzereinsatz erreicht. Dem richtigen Halmverkürzereinsatz (je nach Standfestigkeit der Sorte – z.B. haben LENTIA, HANNELORE oder die mehrzeilige Sorte ADALINA Note 2-3 während die Winterbraugerste MONROE Note 6 hat) ist eine hohe Aufmerksamkeit zu schenken, um die Standfestigkeit abzusichern und damit das hohe Ertragspotenzial der Sorten zu nutzen.

Die besten Einkürzungseffekte werden im EC 31 – EC 32 erzielt.  Die meisten Produkte haben eine Zulassung von EC 29 bis EC 49. Mit Moddus (bzw. Produkten die den Wirkstoff Trinexapac des Moddus enthalten) stehen hier erprobte und gut wirksame Produkte mit einer Aufwandmenge von 0,2 bis 0,8 lt/ ha zur Verfügung. Bei allen Produkten ist besonders die Zulassungssituation und Mischbarkeit (Herbizide, Fungizide, Blattdünger…) zu beachten. Prodax als weiterer Wachstumsregler stellt eine Mischung aus einem Wirkstoff des Medax Top und dem Wirkstoff des Produktes Moddus dar. Es vereint laut Anbieter auch die Vorteile dieser beiden Produkte – eine temperaturunabhängigere und längere Wirkungsdauer als die der Einzelprodukte (Aufwandmenge 0,5 -1,0 kg /ha).

Je wärmer und strahlungsintensiver das Wetter ist, umso stärker ist die einkürzende Wirkung. Achtung auch bei Kombinationen mit Fungiziden, die ebenfalls die Wirkung verstärken können. Allgemein gilt: Je später der Einsatz der Wachstumsregulatoren erfolgt, umso geringer ist der Effekt auf die Halmfestigung, da die einkürzende und den Halm stabilisierende Wirkung nur mehr den Neuzuwachs betrifft. Die Halmwandverdickung im unteren Bereich und die Einkürzung zwischen den unteren Internodien die für die Verbesserung der Standfestigkeit essentiell sind, schaffen wir bei verspäteten Einsatz nicht mehr.

Zu einem späteren Zeitpunkt bzw. bei noch immer instabilen Beständen kann mit Cerone auch später noch eine merkbare Einkürzung zwischen Ähre und letzten Blatt erreicht werden (zugelassen von EC 32 bis EC 49).

Generell gilt für alle Wachstumsregler, dass der Einsatz immer den Standortbedingungen, Sorten und der Wasserversorgung des Standortes angepasst erfolgen sollte um Schäden zu vermeiden – das gilt vor allem in diesem Jahr mit den Spätfrösten der letzten Wochen und der in weiten Teilen Österreichs herrschenden Trockenheit.

Düngung

Aufgrund des Vegetationsfortschritts ist der Termin für die 2. N-Düngung aktuell je nach Kultur und Region schon bzw. noch nicht ganz erreicht. Ab dem EC 32 steigt der Nährstoffbedarf stark an, die angelegten Körner an der dann ca. 1 cm großen Ähre müssen ernährt werden.

Je nach Ertragslage und Ertragserwartung ist bei Wintergerste jetzt auf 100 – 130 kg N/ha aufzudüngen. Zur Sicherung der Kornausbildung bleiben somit zum Zeitpunkt kurz vor Grannenspitzen (EC 49) noch etwa 30 kg N/ha übrig bzw. kann auf schwächer entwickelten Beständen die Düngung bereits abgeschlossen werden, um einer zu starken Triebreduktion vorzubeugen. Im Gegensatz dazu sollte in zu stark entwickelten Beständen mit der Düngung bis zum EC 32 zugewartet werden, um die Reduktion unproduktiver Triebe, die nur unnötig Nährstoffe und Wasser verbrauchen, zu gewährleisten.

Im Trockengebiet wird die Düngung der Wintergerste wegen der oftmals fehlenden Niederschläge zumeist in nur 2 Gaben erledigt – wegen der oft mangelnden Feuchtigkeit zur Auflösung des Düngers sollte damit nicht zu lange zugewartet werden.

Vorsicht – wer Winterbraugerste produzieren will, sollte die 2.Gabe etwas geringer bemessen und auf jeden Fall rechtzeitig erledigen, damit es zu keinen erhöhten Proteinwerten kommt (ca. 20 – 25 % weniger als für Futtergerstenproduktion).

Pflanzenkrankheiten:

Die Erfahrung aus den Vorjahren bei der Wintergetreide zeigen, dass eine längere trockene Witterungsphase den Krankheitsdruck deutlich reduzieren kann. Aus heutiger Sicht kann für den weiteren Verlauf der Entwicklung noch keine Aussage getroffen werden. Es gilt, die Bestände zu beobachten und daraus, zusammen mit dem Witterungsverlauf, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die zurzeit in Bodennähe befindlichen vergilbten Blätter bei der Wintergerste, im Besonderen in überwachsenen Beständen und vom Spätfrost betroffenen Beständen, kommen vom Mehltau im Herbst bzw. N-Mangel im Februar, März und sollten für das Ertragsgeschehen keine Rolle spielen.

Sehr wohl zeigen sich in einigen Beständen aber Vergilbungen durch Manganmangel der auch die Wurzelausbildung hemmt, diesen können sie durch Zugabe eines Manganblattdüngers bei Herbizid- oder Wachstumsreglermaßnahmen beheben. Über die Notwendigkeit bei anstehenden Halmverkürzereinsatz bereits ein Fungizid beizumischen entscheidet die aktuelle Wetterlage, Mehltaubefall vom Herbst her sollte auf jeden Fall beobachtet werden.

Unabhängig von der Wetterlage, auch bei trockenen Verhältnissen, müssen wir aber auf alle Fälle wieder mit Ramularia, der wichtigsten Blattkrankheit der Wintergerste rechnen. Die Anfälligkeit der Sorten liegt hier im eher höheren Bereich (Note 5-8 lt. AGES Sortenliste). Leider gibt es für diese Krankheit zurzeit keine andere Möglichkeit der Ausschaltung oder Schadensminimierung wie den chemischen Pflanzenschutz. Ca. 10 Tage nach dem Ährenschieben treten die ersten Symptome auf (die Infektion erfolgt aber bereits deutlich früher) und innerhalb weniger Tage kann die ganze Pflanze befallen werden – wenn die Krankheitsmerkmale zu sehen sind, ist es bereits zu spät. Erschwerend hinzugekommen ist in den letzten Jahren, dass diese Krankheit gegenüber bestimmten fungiziden Wirkstoffen Resistenzen entwickelt hat und deshalb hier auf die Wahl des richtigen Produktes sehr genau geachtet werden muss. In der Bekämpfung der Ramularia spielte der Wirkstoff Chlorthalonil eine entscheidende Rolle der uns ab diesem Jahr nicht mehr zur Verfügung steht. Für eine effektive Bekämpfung der Krankheiten der Gerste können Einzelprodukte mit guter, breiter Wirkung gegen Blattkrankheiten (Mehltau, Rhynchosporium, Netzflecken…) mit dem Wirkstoff Folpet kombiniert werden. Diesem Wirkstoff wurde eine Notfallzulassung in Gerste ab 1. April 2021 für 120 Tage erteilt, er erreicht aber wahrscheinlich nicht die vom Chlorthalonil gewohnten Leistungen (Quelle: DI Hubert Köppl 29.3.21 – LK Online).

Zum Einsatzzeitpunkt ist zu sagen: wer zu Wachstumsreglermaßnahmen in EC 31-32 schon ein Fungizid zugibt, oder in einer separaten Überfahrt in EC 37 – 39 ein Fungizid appliziert, kann mit dem Abreifeschutz etwas länger zuwarten. Wer keine fungizide Vorlage auf seiner Wintergerste hat, für den ist es sinnvoller etwas früher zu behandeln. In den meisten Fällen wird dann der Einsatz in der Praxis spätestens zwischen EC 49 – 51 erfolgen. Zusammengefasst kann man sagen, dass in den feuchteren Anbaulagen (Westbahngebiet von St. Pölten westwärts, OÖ, Steiermark, Kärnten) eher Doppelbehandlungen in EC 37 – 39 + EC 51 – 59, in den trockenen Anbaulagen eher Einmalbehandlungen in EC 49 empfehlenswert sind, um das Ertragspotenzial ihres Bestandes abzusichern.

Albert MÜLLNER
Beratung Pflanzenbau
SAATBAU LINZ