07.07.2020

Erntezeitpunkt bei Raps

Die letzte Maßnahme den Ertrag zu steigern!

Durch die Fortschritte in der Rapszüchtung und den pflanzenbaulichen Maßnahmen der Anbauer konnte das Ertragspotenzial des Raps auf ein neues Niveau gehoben werden.

Nachdem die Sortenwahl die Basis gelegt hat und mit der Umsetzung wichtiger pflanzenbaulicher Maßnahmen über die Vegetationszeit der Bestand zu Höchsterträgen geführt wurde, naht der Zeitpunkt der Ernte.

Wer den Druschzeitpunkt bei Raps richtig erkennen will, muss aufgrund der verminderten Saatstärken, der damit einhergehenden stärkeren Verzweigung und der ungleichmäßigeren Abreife in Kombination mit der deutlich verbesserten Platzfestigkeit der Schoten, den Bestand sehr genau beobachten. Gerade unter den Bedingungen der regional sehr unterschiedlichen Abreife der Rapsbestände durch nachtreibende Pflanzen im Jahr 2020 ist es wichtig, die Verluste durch aufgeplatzte überreife Schoten nicht zu überschätzen und die Ernteverluste durch Gummischoten nicht zu unterschätzen. Gleichzeitig kann es zu erheblichen Ertrags- und Qualitätszuwächsen durch eine spätere Ernte kommen.

Einzelne aufgeplatzte Schoten im obersten Bereich des Schotendachs verursachen deutlich geringere Verluste als die Ertragsminderung, die durch unreife Gummischoten im unteren, ertragreicheren Teil der stark verzweigten Rapspflanze auftreten kann.

Welche Faktoren führen nun dazu, dass sich der Erntezeitpunkt des Raps nach hinten verschiebt und welche Punkte gilt es zu beachten um nicht auf der Zielgeraden Ertrag zu verschenken, sondern den Lohn der Arbeit des ganzen Vegetationsjahres einzufahren?
  • Durch die Züchtung hat sich das Ertragspotenzial der Sorten durch verbesserte Gesundheit, deutlich gesteigerte Standfestigkeit in Verbindung mit späterer Abreife der Bestände deutlich erhöht.
  • Eine Verbesserung der Platzfestigkeit der Schoten war und ist ein vorrangiges Zuchtziel in der Rapszüchtung für eine verlustärmere Ernte (z.B. ARTEMIS).
  • Verminderte Saatstärken – teils in Kombination mit Einzelkornsaat und einer massiv gestiegenen Verzweigung der Einzelpflanze führen zu einem stärkeren Schotenpaket und einer verminderten Belichtung des unteren Teils der Schoten. In Verbindung mit der asynchronen Reife, je nach Blühdauer der einzelnen Etagen des Schotenpakets, ist der Reifegrad der Schoten deutlich unterschiedlicher als noch vor Jahren.
  • Vom Landwirt angewandte Wachstumsregler und Fungizide verbessern die Standfestigkeit und Gesundheit der Bestände sowie vor allem deren Assimilationsleistung, greifen aber auch in den Hormonhaushalt der Pflanze ein, verzögern dadurch den Alterungsprozess und verbessern in einem gewissen Ausmaß die Platzfestigkeit der Schoten.
  • Die Alterung und Vergilbung der Schoten beginnt ca. 60 Tage nach der Blüte und nach zusätzlichen 20 Tagen sind die Schoten je nach Jahreswitterung meist voll ausgereift und trocken.
  •  Reife Schoten öffnen sich im Drescher (oder leider schon davor) relativ leicht und es kann zu Ausfallverlusten kommen. Daher ist es wichtig, mit der obligatorischen Verlängerung des Rapstisches, relativ wenig Haspelleingriff und möglichst hoher Geschwindigkeit zu ernten.
  •  Jedes verlorene Korn bei der Ernte stellt ein potentielles Problem durch Ausfallraps dar, der in Folgekulturen auflaufen kann, dort zu Problemen führt und gleichzeitig zur Überdauerung von Krankheiten wie Kohlhernie und Verticillium beiträgt und somit auch ein Fruchtfolgeproblem für die Kultur Raps bedeutet.

Trotz gestiegener Stabilität der Schoten gibt es verschiedene Faktoren, wie Sturm, Starkregen oder Hagel die zu Ausfallverlusten führen können. Bei normalen Witterungsbedingungen haben sich aber die Ausfallverluste durch die Züchtungsarbeit deutlich reduziert. Wenn wir davon ausgehen ca. 200 Schoten pro Pflanze zu haben dann bedeuten 2-4 aufgeplatzte Schoten im oberen Teil der Pflanze einen Verlust von 1.000-2.000 Körnern/m². Das sieht aufs erste erschreckend aus, wenn man die weißen Schoten sieht, bedeutet aber schlussendlich durch das geringere TKG dieser Körner im Vergleich zu den unteren Etagen des Schotenpakets, nur einen Verlust von max. 1-1,5 % oder bei einem Ertrag von 4.000 kg/ha nur 40–60 kg des Gesamtertrags.

Zum gleichen Zeitpunkt gibt es aber einen hohen Anteil an noch nicht vollständig ausgereiften Schoten (sog. Gummischoten) mit unreifen Körnern im unteren Teil des Schotenpakets, wo ein großer Teil ihres Rapsertrages lokalisiert ist. Gummischoten sind zähe, teils gelbgrüne Schoten die sich mit der Hand nicht ausreiben lassen und auch im Mähdrescher nicht geöffnet werden, so am Acker landen und damit verlorenen Ertrag bedeuten. Diese Körner sind aber meist aufs erste nicht ersichtlich, sondern werden über den Häcksler gleichmäßig verteilt.

Die beste Methode ist es, nach den ersten Runden am Feld, für eine kurze Strecke im Feld (nicht am Feldrand) den Häcksler auszuschalten und den Schwad auf nicht ausgedroschene Schoten zu kontrollieren bzw. die Bestandeswand (s. Foto) auf Gummischoten zu untersuchen da nicht nur diese Schoten verloren gehen, sondern zusätzlich auch die Verluste im Drescher bei der Reinigung und auf den Schüttlern steigen können.

5–10 nicht ausgedroschene Schoten pro Pflanze (wieder mit der Annahme von 200 Schoten pro Pflanze) bedeuten, dass 2,5–5 % der Schoten und aufgrund des höheren TKGs dieser Körner, mind. 3–6% des Ertrages verloren gehen. Bei einem Rapsertrag von 4.000 kg/ha und einem Rapspreis von 400 €/t bleiben damit bis zu 100 €/ha oder mehr an bereits produzierten Ertrag und Erlös auf dem Acker liegen!

Oftmals wird die passende Kornfeuchte bei den ersten Runden als Indikator für die Reife genommen und wenn diese passt geerntet. Dies ist aber ein trügerisches Merkmal, da die unreifen Schoten gar nicht geöffnet werden, die Feuchtigkeit nicht beeinflussen und als monetärer Verlust am Acker landen.

Der richtige Erntezeitpunkt muss - um keinen Ertrag zu verschenken - die vollständige Ausreife der Schoten im unteren Teil der Pflanze sicherstellen.

Durch die genannten Faktoren schiebt sich der Erntezeitpunkt des Rapses in manchen Regionen und Jahren in die Ernte des Weizens hinein, was natürlich zu Kollisionen bei der Ernte führen kann, wenn die Erntewitterung unbeständig ist. Durch die heute in großer Zahl vorhanden Varioschneidwerke ist die Umrüstung zwischen Getreide und Raps schneller erledigt und leichter möglich aber trotzdem lästig.
Vorrangig in solchen Situationen ist es aber, die Qualität des Weizens, bzw. Durums (Hektolitergewicht, Fallzahl…) zu erhalten d.h. im Zweifelsfall bleibt der Raps stehen und der Weizen wird geerntet. Je später die Abreife und umso intensiver der Bestand geführt wurde, desto eher ist dieses Vorgehen ohne Verluste beim Raps bei gleichzeitigem Erhalten der Weizenqualität möglich und finanziell sinnvoll!

Um diese Situation zu untersuchen haben wir bei einem Betrieb im mittleren Burgenland (Artner Christian, Deutsch Kreutz) in den Jahren 2016, 2017 und 2019 Versuche zum Erntezeitpunkt Raps angelegt. Ziel dieser Versuche ist es, zu früh, ideal und zu spät zu ernten. Die Erntetermine wurden so gewählt das beim Termin „zu früh“ noch Gummischoten im Bestand vorhanden waren, der Termin „ideal“ dem betriebsüblichen Rapserntetermin und der Termin „zu spät“ nach Abschluss der Raps- und Weizenernte in der Region erfolgte.

  • 2016 war der Termin „zu früh“ betriebsbedingt nicht möglich und verschob sich in Richtung „ideal“ und erfolgte am 13.Juli (einzelne wenige Gummischoten noch vorhanden), der Termin „zu spät“ erfolgte am 25.Juli (Weizen- und Rapsernte in der Region abgeschlossen).
  • 2017 erfolgte der Termin „zu früh“ am 7. Juli (Rapsernte in der Region bereits am Laufen), der Termin „ideal“ am 13. Juli (Haupternte am Betrieb; Region bereits fast fertig mit Raps) und der Termin „zu spät“ am 20.Juli (Weizen- und Rapsernte abgeschlossen).
  • 2019 war die Spreizung der Erntetermine deutlich weiter. So erfolgte der Termin „zu früh“ bereits am 4. Juli (Rapsernte in der Region bereits am Laufen), der Termin „ideal“ am 15. Juli (Haupternte am Betrieb; Region bereits fast fertig mit Raps) und der Termin „zu spät“ am 31.Juli (Weizen- und Rapsernte abgeschlossen). Die Ergebnisse ersehen sie aus untenstehender Tabelle.

Tipp!

Dadurch, dass Sie der Rapspflanze die Möglichkeit geben vollständig ausreifen zu können, entfaltet sich das volle Potenzial Ihres Bestandes in Ertrag und Ölgehalt. Geben sie Ihrem Raps Zeit, Höchstertrag zu bilden!

Albert MÜLLNER
Beratung Pflanzenbau
SAATBAU LINZ