16.02.2022

Rapsbestandesführung Frühjahr 2022

War da noch was außer hohe Düngerpreise?

Raps ist eine Intensivkultur, bei der die Wirtschaftlichkeit – beim derzeitigen Preisniveau, vom Ertrag abhängt. Gleichzeitig beeinflussen Produktionskosten die Wirtschaftlichkeit.

Schwankende Erträge und Preise haben neben Restriktionen im Pflanzenschutz (z. B.: Beizung) in den letzten Jahren zu stagnierenden bzw. rückläufigen Anbauflächen in Österreich geführt. Da die Landwirtschaft auf Pflanzenschutzmittelzulassungen keinen Einfluss hat, gilt es gerade unter den derzeit hohen Preisen, die Bestandesführung im Frühjahr zu optimieren. Raps hat ein gewaltiges Ertragspotenzial – nutzen wir es!
Am Ende der Vegetation im Herbst 2021 fanden wir einerseits sehr früh gesäte, optimal bis zu stark entwickelte Bestände vor, die teilweise mehrmals gekürzt werden mussten. Gleichzeitig haben wir es, je nach Region, mit witterungsbedingt spät gesäten Beständen zu tun, die schwach entwickelt sind bzw. durch Pflanzenverluste sehr dünn stehen. Die Voraussetzungen für das Rapsjahr 2022 sind von der preislichen Situation her sehr gut, gleichzeitig haben wir aber historische Höchststände bei den Düngerpreisen. Wie können wir den Betriebsmitteleinsatz optimieren um Höchsterträge zu erreichen?

Stickstoff-, Schwefeldüngung und Spurenelemente

Stickstoff: Durch die zumeist trockene Saatbettbereitung (Ausnahme Region OÖ) in Kombination mit einer idealen Herbstwitterung ist von einer guten Wurzelentwicklung der Rapsbestände ohne gravierende
Störschichten in der Wurzelzone auszugehen. Die erste Stickstoff- oder NPK-Gabe sollte bereits vor Wachstumsbeginn etwa Mitte Februar bis Anfang März verabreicht werden – unter Einhaltung der Düngeverbotszeiträume frühestens 1. Februar bzw. 16. Februar (Grundwasser 2020). Die frühe Andüngung der Rapsbestände ist umso wichtiger, je niedriger die Herbstdüngung Herbstdüngung
war oder wenn von der Pflanze eine Stickstoffverknappung angezeigt wird. Eine zu frühe und vor allem nitratbetonte N-Düngung erhöht das Frostrisiko. Je später sich die Düngerausbringung hinausverschiebt, desto höher kann der Nitratanteil des eingesetzten Düngers sein.

Der Stickstoffbedarf bei Winterraps  liegt bei ca. 50 kg Reinstickstoff/t Ertragserwartung. Dieser Bedarf muss in Summe aus Herbstaufnahme, dem im Boden vorliegenden Stickstoff (Nmin), Nachlieferung aus dem Boden (Nmob) und Zufuhr über Mineraldünger oder organische Düngung gedeckt werden.

Bei den derzeit sehr hohen Stickstoffpreisen stellt sich die Frage der optimalen N-Düngerhöhe. Bei Betrieben, die Dünger 2021 zu günstigen Konditionen eingekauft oder Wirtschaftsdünger zur Verfügung haben, verschiebt sich das wirtschaftliche Optimum nach oben (natürlich im Rahmen der zulässigen N-Düngungsmengen). Aber auch Betriebe, die N-Dünger aktuell teuer einkaufen müssen und hohe Rapspreise erwarten, dürfen keine Ertragsverluste riskieren, somit wird sich das Optimum nur minimal nach unten oder sogar leicht nach oben bewegen.

Einsparungspotenzial kann die exakte Ermittlung der Nmin-Werte bringen, v.a. im Trockengebiet kann aufgrund der Vorjahreswitterung und damit regional einhergehenden geringeren Getreideerträgen
mit einem höheren N-Angebot im Boden gerechnet werden. Auch in der PK-Düngung kann, je nach Versorgungsstufe des Bodens, noch am ehesten Einsparungspotenzial liegen.

Die zulässige Düngermenge verteilt sich auf die erste Gabe zu Vegetationsbeginn und die zweite Gabe zum Schossen. Schwächer entwickelte Bestände sollten 60 % zur ersten Gabe und 40 % zur zweiten
Gabe erhalten – auf stark entwickelt aus dem Winter kommenden Beständen sollte die erste Gabe ca. 40 % und die zweite Gabe zum Schossen ca. 60 % der gesamt N-Menge betragen. Ideal wäre, die erste
Gabe vor Vegetationsbeginn auf morgens gefrorenem und tagsüber aufnahmefähigem Boden auszubringen. Beachten Sie in diesem Zusammenhang aber, dass unter diesen Verhältnissen die Stickstoffmenge,
die ausgebracht werden darf, auf 60 kg/ha beschränkt ist. Falls Gülle eingesetzt wird sollte diese nicht an den Rapspflanzen anfrieren, da dies zu Schädigungen führt.

Die zweite Gabe sollte in schwächeren Beständen erfolgen sobald die Streckung des Sprosses einsetzt und die Sprossachse ca. 5 cm lang ist, bei üppigeren Beständen sollte zugewartet werden bis die Sprossachse ca. 10–15 cm lang ist um die Knospen der Haupt- und Nebentriebe zu fördern.

Schwefel: Neben der Versorgung mit Stickstoff muss auch die Schwefelversorgung von Beginn an gesichert sein, da die Schwefelaufnahme parallel zur N-Aufnahme erfolgt und nur dadurch die optimale
Verwertung der eingesetzten N-Dünger gewährleistet ist. Die ausgebrachte Menge an Schwefel sollte ca. 25 % der N-Düngermenge ausmachen.

Spurenelemente zur gezielten Versorgung

als das wichtigste Spurenelement im Rapsanbau wird vor allem bei Trockenheit und hohen pH-Werten festgelegt. Aus diesem Grund empfehlen wir im Herbst eine einmalige Zugabe von 150 g/ha und im Frühjahr bei den Insektizidmaßnahmen eine Zugabe von ein bis zweimal 150–300 g/ha. Dabei ist darauf zu achten, dass durch den Effekt mancher Borprodukte, den pH-Wert stark zu erhöhen, die Wirksamkeit und Wirkdauer von Insektiziden deutlich herabgesetzt werden kann. Um das zu verhindern, sollte in diesen Fällen der pH-Wert wieder abgesenkt werden (z. B. durch Zugabe von Zitronensäure).

Als essentieller Pflanzennährstoff ist Molybdän an wichtigen Stoffwechselvorgängen in der Pflanze beteiligt. Molybdän nimmt unter den Mikronährstoffen eine gewisse Sonderstellung ein. Die Aufnahme durch die Pflanzen ist außerordentlich gering. Sie beträgt pro Jahr nur ca. 5–12 g/ha. Anders als bei Bor, Kupfer, Mangan und Zink erhöht sich mit steigendem pH-Wert die Verfügbarkeit. Molybdän nimmt in der Rapspflanze eine wichtige Stellung in der Stickstoffverwertung ein und ist an der Proteinbildung beteiligt. Ein Mangel kann zu Nitratanreicherungen und Deformationen in den Blättern führen. Bor und Molybdän haben auch Einfluss auf die Pollenfertilität und Pollenbildung, ein Mangel kann Befruchtungsstörungen auslösen. Eine direkt am Saatkorn aufgebrachte Menge Molybdän (durch die OPTICARE Beizung) sichert die ausreichende Versorgung der jungen Rapspflanze im Herbst gerade unter ungünstigen Witterungs- oder Bodenverhältnissen ab. Wird im Frühjahr noch eine Blattdüngung mit Molybdän geplant, sollte diese erfolgen, bevor der Raps größere Mengen an Nitratstickstoff aufnimmt.

vor allem auf trockenen, lockeren Böden mit hohen pH-Werten über 7 kann auch bei Raps Bedarf gegeben sein.

Physiologische Knospenwelke und Spätfrostschäden

Physiologische Knospenwelke (einige Knospen werden hell, bleiben im Wachstum stehen und fallen ab) tritt v. a. dann auf, wenn das Wachstum nach sehr tiefen Temperaturen rasant einsetzt oder die Rapsknospen durch Spätfröste erfrieren, bzw. partiell geschädigt werden. Schäden die durch Spätfrost in blühenden Rapsbeständen sowie durch physiologische Knospenwelke im Jahr 2018 verursacht wurden, können durch Sie als Landwirt nicht verhindert werden.
Wohl aber können die Auswirkungen durch eine optimale Nährstoffversorgung (N, S, K, Bor, Mg und Mo) und Schadinsektenregulation im Anschluss an diese Ereignisse gemindert werden. So hat eine durch Spätfrost massiv geschädigter Versuchsbestand im Jahr 2017 noch einen Ertrag von durchschnittlich 4.205 kg/ha erbracht.

Kohlhernie im Auge behalten

Bestände die trotz früher Saat sehr schwach aussehen sind auf Kohlhernie zu kontrollieren. Oberirdische Symptome sind gelbe oder violett-rote Verfärbungen und Wachstumshemmung. Unterirdische Symptome sind die typischen Wurzelwucherungen, das Wurzelsystem ist schwach und die Seitenwurzeln, die für die Nährstoff und Wasseraufnahme zuständig sind, fehlen fast komplett.

Der Unkrautkonkurrenz keine Chance geben

Der wichtigste Faktor, um unerwünschte Unkräuter und damit Konkurrenz für den ohnehin schon schwachen Rapsbestand hintanzuhalten ist, neben einer erfolgreichen Herbstunkrautbekämpfung, ein wüchsiger, gut unkrautunterdrückender Rapsbestand. Alle Maßnahmen, die eine zügige Bestandesentwicklung fördern, reduzieren die Unkrautkonkurrenz. War die Herbstunkrautbekämpfung nicht möglich oder sollte trotz erfolgter Herbstunkrautbekämpfung noch eine Korrekturspritzung mit Effigo, Lontrel, Korvetto … (bitte die Anwendungsempfehlungen der Pflanzenschutzmittelfirmen beachten) notwendig sein, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass diese rechtzeitig erfolgt. Die Blütenknospen müssen, um Schäden zu vermeiden, vor Spritzflüssigkeit geschützt werden, d. h. von den Hüllblättern noch dicht umschlossen sein, gleichzeitig dürfen aber keine Nachtfröste auftreten. Gerade in Jahren mit sehr zügiger Frühjahrsentwicklung ist dieser Zeitraum sehr kurz.

Ausfallgetreide und Gräser können noch mit zugelassenen Herbiziden bekämpft werden, wüchsige Witterung und ein eventueller Netzmittelzusatz sichern die Wirkung ab.

Krankheiten und Wachstumsregler

Durch den vorangegangenen Herbst ist gerade dort, wo bei den Kürzungsmaßnahmen starke fungizide Wirkstoffe zum Einsatz kamen, von einer geringeren Phomainfektion der Bestände auszugehen. Das
Ausgangspotenzial im Frühjahr sollte daher in Verbindung mit gering Phoma-anfälligen Sorten (wie ARTEMIS) niedrig sein, trotzdem darf Phoma nicht außer Acht gelassen werden. Frühjahrsinfektionen, die
je nach Jahreswitterung durch Frost oder Wachstumsrisse am Stängel erfolgen können, sind zu verhindern. Durch den Einsatz entsprechender Fungizide mit gleichzeitig wachstumsregulierender Wirkung,
einmalig oder im Splitting – je nach Wasserangebot, in Kombination mit einer Insektizidmaßnahme können die Bestände sowohl gegen Phoma als auch gegen Lager abgesichert werden, um Ertragsverluste
zu vermeiden. Die Auswahl des Mittels und die Aufwandmenge sollten sich nach dem Krankheitsdruck und dem Wasserangebot ihres Standortes orientieren, um Stress durch zu hohe wachstumsregulierende Aufwandmengen auszuschließen.

Albert MÜLLNER
Fachberatung
SAATBAU LINZ