14.11.2024

Regional, genügsam und voller Potenzial: Die Wiederentdeckung der Linse

Die Linse ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde vor 10.000 Jahren im Fruchtbaren Halbmond angebaut. Einst als "Arme-Leute-Essen" bekannt, erlebt sie heute eine Renaissance als…

Angesichts der zunehmenden Hitzewellen und Trockenperioden erweist sich die Linse als ideale Kulturpflanze. Sie bevorzugt warme, trockene Bedingungen und ist damit bestens an die klimatischen Veränderungen in Österreich angepasst. Kein Wunder, dass das Interesse am regionalen Linsenanbau steigt: Laut der Agrarmarkt Austria (AMA) wurden im Jahr 2024 bereits auf 1.548 Hektar Linsen angebaut. Diese Fläche könnte aufgrund der wachsenden Nachfrage nach gesunden, regionalen Lebensmitteln weiter zunehmen.

Genügsame Linse: Nährstoffarmut kein Hindernis

Linsen sind einjährige Pflanzen, die eine Höhe von 15 bis 60 cm erreichen. Sie besitzen verzweigte, paarig gefiederte Blätter und bilden einfache Wickelranken. Im Juni schmückt sich die Pflanze mit charakteristischen bläulich-weißen Schmetterlingsblüten, aus denen nach der Blütezeit die Hülsen entstehen. Diese enthalten ein bis drei Samen, die in der Farbe von bräunlich bis gelblich variieren können. Dank ihrer Anspruchslosigkeit gedeihen Linsen auf kargen Böden, auf denen andere Pflanzen oft nicht ausreichend Nährstoffe finden. Zwar führt der Anbau auf nährstoffreichen Böden zu üppigem Blattwachstum, doch bleibt der Ertrag an Hülsen und Samen dort häufig geringer und der Krankheitsdruck steig. Als Leguminose reichert die Linse den Boden durch Stickstoffbindung an und fungiert so als optimale Vorfrucht für Getreide, das vom fixierten Stickstoff profitiert. Die Linse ist weitgehend ein Selbstbefruchter.

Anbau in Mischkultur – So gedeiht die Linse

Linsen werden bevorzugt in Mischkultur mit Pflanzen wie Leindotter, Nacktgerste oder Nackthafer angebaut. Diese sogenannten Gemengepartner bieten den Linsen Halt und reduzieren gleichzeitig das Auflaufen von Beikräutern durch die Beschattung des Bodens. Der Anbau erfolgt meist mit einer Drillsämaschine, auf Getreideabstand, in seltenen Fällen wird auf Reihe gesät bevorzugt 37cm. Die Beikrautregulierung erfolgt über die Mischkultur (bevorzugt mit Leindotter), über Striegeln und bei weiter Reihe mit dem Hackgerät. Die Aussaat erfolgt ab Anfang März bei einer Saattiefe von 3-5 cm. Die Saatstärke variiert je nach Sorte zwischen 40 und 100 kg pro Hektar, je nach Sorte. Eine Keimung beginnt ab Bodentemperaturen von 4-5 °C. Linsenrhizobien sind in der Natur vorhanden, jedoch zeigt sich auch hier, dass eine Impfung Vorteile bezüglich Rhizobienbesatz hat, der sich wiederum auf den Ertrag auswirkt.

 

Die richtige Erntezeit – Ein Balanceakt

Die Ernte der Linsen erfolgt Mitte bis Ende Juli. Da die Pflanzen bei Reife oft umkippen, ist es wichtig, die Felder eben zu halten und die Schneidegeräte tief zu führen, um alle Hülsen zu erfassen. Die Reifung der Linsen erfolgt ungleichmäßig, daher ist der richtige Erntezeitpunkt entscheidend – die unteren Hülsen sind oft bereits braun und die Körner hart, während das Kraut noch grün ist. Nach der Ernte werden die Linsen idealerweise in einer Trocknungsanlage mit kalter Luft belüftet, um die Eigenwärme zu reduzieren und eine optimale Lagerung zu gewährleisten. Verzögert sich die Ernte, kann Regen die Hülsen beschädigen oder zu Schimmelbildung führen, da feuchte Bedingungen die Reife beeinträchtigen. Ein positiver Nebeneffekt von Regen während der Blütezeit ist jedoch die Steigerung des Ertrags, der stark schwanken kann – je nach Wetterlage zwischen 400 und 1500 kg pro Hektar

Nährstoffreiche Alleskönner für eine gesunde Ernährung

Linsen sind nicht nur anpassungsfähig im Anbau, sondern auch eine wertvolle Nahrungsquelle. Sie enthalten viel pflanzliches Eiweiß, wichtige Ballaststoffe und Nährstoffe wie Eisen, Magnesium und Folsäure. Ihr niedriger glykämischer Index macht sie zu einem idealen Lebensmittel für Diabetiker, da sie den Blutzuckerspiegel langsam ansteigen lassen. Zudem sind Linsen fettarm und enthalten Antioxidantien, die die Gesundheit fördern. Durch ihre Vielseitigkeit in der Küche lassen sich Linsen einfach in verschiedenste Gerichte integrieren.

Zukunftspotenzial der Linsen in der Landwirtschaft

Mit ihren geringen Ansprüchen an Boden und Klima, den gesundheitsfördernden Eigenschaften und der steigenden Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln hat die Linse das Potenzial, zu einem wichtigen Bestandteil der heimischen Landwirtschaft zu werden – und das nicht nur als Beitrag zur gesunden Ernährung, sondern auch als Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels.